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Privatinsolvenz
Immobilie vor der Zwangsversteigerung schützen
Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland steigt. Was können Immobilienbesitzer tun, um ihr Wohneigentum im Falle einer Privatinsolvenz zu schützen?
Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland steigt. Was können Immobilienbesitzer tun, um ihr Wohneigentum im Falle einer Privatinsolvenz zu schützen?
Rechtzeitige Absicherung der eigenen Immobilie im Falle von Schulden oder Privatinsolvenz
Eine eigene Immobilie ist nicht nur eine Geldanlage, sondern auch eine Altersvorsorge. Sie ermöglicht Unabhängigkeit und Sicherheit. Bei einer Privatinsolvenz jedoch, wenn die Schulden also so hoch sind, dass diese durch die Einkünfte nicht mehr zu begleichen sind, zählt eine Immobilie, die Eigentum des Schuldners ist, als Vermögen. Sie geht in die Insolvenzmasse ein. Der Eigentümer läuft Gefahr, seine Immobilie zu verlieren, denn eine Immobilie zählt in diesem Falle nicht zum Schonvermögen (anders als beispielsweise beim Bezug von Bürgergeld).
Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland war 2024 vier Mal so hoch wie noch im Vorjahr. In Berlin sind Schätzungen der Senatsverwaltung zufolge mehr als 200.000 Haushalte überschuldet. Die veränderten Zinsbedingungen und gestiegene Preise durch die Inflation haben dazu geführt, dass mancher Immobilienbesitzer den Kredit für eine noch nicht abbezahlte Immobilie nicht mehr tilgen kann. Auch wer auf eine Anschlussfinanzierung angewiesen war, sah sich durch die gestiegenen Zinsen deutlich höheren Kreditkosten gegenüber, zum Teil mit einer Verteuerung um 50 Prozent.
Was ist eine Zwangsversteigerung?
Die Zwangsversteigerung gehört zu den sogenannten Vollstreckungsverfahren. Kann ein Immobilienbesitzer offene Forderungen nicht mehr begleichen, weil er nicht mehr zahlungsfähig ist (Privatinsolvenz), kann ein Gerichtsvollzieher die Zwangsversteigerung veranlassen. Hierbei wird die Immobilie öffentlich versteigert. Dies geschieht meist, wenn eine Immobilie noch nicht vollends abbezahlt wurde. Die Bank kann sich dann an dem Erlös aus der Zwangsversteigerung bedienen. Wurde die Immobilie bereits komplett abbezahlt, kommt der Erlös den anderen Gläubigern zugute.
Den Großteil der zwangsversteigerten Immobilien in Deutschland machen Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen aus.
Die meisten Immobilienkäufer kaufen ein Haus oder eine Wohnung mit dem Ziel, sich fürs Alter abzusichern, um langfristig mietfrei wohnen zu können. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass sich Immobilienkäufer und Immobilieneigentümer frühzeitig mit den Möglichkeiten auseinandersetzen, wie sie Ihre Immobilie im Fall der Fälle absichern können.
Immobilie bereits im Vorfeld absichern
Tipp 1: Eigentümergrundschuld im Grundbuch eintragen lassen
Immobilieneigentümer können im Vorfeld ihre Immobilie mit einer Eigentümergrundschuld absichern. Sie wird beim Grundbuchamt eingetragen. Wer eine Hypothek zur Absicherung seines Immobiliendarlehens aufnimmt, bekommt automatisch eine Eigentümergrundschuld, wenn er das Darlehen vollständig getilgt hat. Bis zur Abzahlung des Kredits hält die Bank die eingetragene Grundschuld zur Absicherung.
Immobilieneigentümer, die ihr Darlehen vollständig abgezahlt haben, können auch nachträglich bei einem Notar eine Eigentümergrundschuld eintragen lassen. Er beurkundet die erforderlichen Unterlagen und leitet sie an das Grundbuchamt weiter. Dort erfolgt die Eintragung der Eigentümergrundschuld.
Eine Eigentümergrundschuld wird auf den Eigentümer der Immobilie eingetragen. Sie kann als Sicherheit für künftige Kredite dienen, da sich die Bank dann an der Immobilie bedienen kann. Im Falle einer Privatinsolvenz erhalten Immobilieneigentümer damit die Möglichkeit, ihre Immobilie zu beleihen, um liquide zu bleiben. Nur wenn diese neu aufgenommene Hypothek auch nicht beglichen werden kann, droht die Gefahr, die Immobilie tatsächlich zu verlieren.
Wichtig: Wer eine Eigentümergrundschuld auf seine Immobilie hat und die Immobilie verkaufen möchte, sollte zuvor die Eigentümergrundschuld löschen lassen. Die Immobilie ist ansonsten mit einer Grundschuld belastet und lässt sich schlechter verkaufen.
Tipp 2: Mehrere Eigentümer im Grundbuch eintragen lassen
Um die Immobilie auch bei hohen Schulden oder einer Privatinsolvenz zu behalten, haben Immobilienbesitzer noch weitere Möglichkeiten. Diese Maßnahmen sollten jedoch nicht erst im Krisenfall ergriffen werden, da dieser Zeitpunkt keine Rechtssicherheit bietet. Vorzeitiges Handeln zahlt sich also aus.
So können Sie sich vor dem Verlust – speziell einer Pfändung - Ihrer Immobilie schützen:
- mehrere Personen als Eigentümer im Grundbuch eintragen, beispielsweise den Ehepartner oder die Kinder, da die Immobilie dann nicht gepfändet werden kann
- Immobilie an den Ehepartner verkaufen, der bereits Miteigentümer ist und über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt
- Immobilie an Eltern oder Kinder verkaufen, die über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, und für sich selbst Wohnrecht oder Nießbrauchrecht eintragen lassen
Wichtig: Wer vor einer Privatinsolvenz seine Immobilie an seine Eltern oder Kinder als Schenkung überschreibt, läuft Gefahr, dass der Insolvenzverwalter das als Verschleierung von Eigentum betrachtet. Er kann die Überschreibung anfechten und rückabwickeln. Eine Zwangsversteigerung ist dann möglich. Die Anfechtungsfrist bei Schenkungen beträgt vier Jahre rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung (§ 134 InsO)
Tipp: Im Gegensatz zu einer Immobilienschenkung kann ein Verkauf vom Insolvenzverwalter nicht so leicht rückabgewickelt werden, die Anfechtungsfrist beträgt hier zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung (§ 133 InsO). Dabei ist jedoch wichtig, dass ein angemessener Kaufpreis gezahlt wurde und der Verkauf keinen Schenkungscharakter hat. Sofern der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht besteht, also dass der Schuldner bei der Übertragung der Immobilie die Absicht hatte, Gläubiger zu benachteiligen, können Transaktionen sogar zehn Jahre rückwirkend angefochten werden (§ 133 Abs. 1 InsO). Empfehlung: Lassen Sie sich zu den vertraglichen Möglichkeiten von einem Notar beraten.
Absicherung einer Immobilie bei Geldnöten in der Tilgungsphase
Doch was tun, wenn die finanzielle Lage sich akut verschlechtert hat und keine vorsorgenden Maßnahmen ergriffen wurden? Wer das Darlehen auf seine Immobilie noch nicht getilgt hat und in Geldnöte gerät, sollte das Gespräch mit der kreditgebenden Bank suchen. Die Bank ist daran interessiert, dass der Darlehensnehmer sein Darlehen abzahlt. Denn ein Gerichtsverfahren und eine Zwangsversteigerung bedeuten für die Bank einen hohen Aufwand und damit verbundene Kosten.
Es ist sinnvoll, die Bank bereits vor dem Insolvenzantrag über die Geldnöte zu informieren. Erfährt die Bank durch andere Gläubiger oder den Insolvenzverwalter, dass der Darlehensnehmer insolvent ist, stellt sie die Zuverlässigkeit des Darlehensnehmers infrage. Das Vertrauen zum Darlehensnehmer ist gestört. Wer bereits einen Insolvenzantrag gestellt hat, sollte die Bank möglichst schnell informieren.
Mitunter ist eine erfolgreiche Einigung mit der Bank möglich. Der Darlehensnehmer kann die Raten aus seinem unpfändbaren Einkommen zahlen oder durch einen Dritten begleichen lassen. In Deutschland gilt das Verbot der sogenannten Kahlpfändung, einem Schuldner muss also ein gewisses Existenzminimum verbleiben. Wer einen Immobilienkredit mit vergleichsweise niedrigen monatlichen Raten hat, ist, wenn er keine weiteren Kredite tilgen muss und nur wenige andere finanzielle Verpflichtungen hat, mitunter noch dazu in der Lage, die Raten aus dem unpfändbaren Einkommen zu zahlen.
Häufig reicht das unpfändbare Einkommen zur Zahlung der Raten jedoch nicht aus. Denn die Freibeträge für eine alleinstehende Person ohne Unterhaltspflichten liegen bei lediglich 1.499,99 Euro im Monat, im Falle einer Unterhaltspflicht (abhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten) bei 2.059,99 bis 2.999,99 Euro entsprechend der Pfändungstabelle. In diesem Fall kann eine Neufinanzierung durch eine andere Person erfolgen.
Eine Neufinanzierung kann zu anderen Konditionen vereinbart werden. Sie ist meistens nur dann möglich, wenn der Ehepartner nicht von der Privatinsolvenz betroffen ist und über ein Einkommen in der entsprechenden Höhe verfügt, um die Raten zu begleichen. Anderenfalls können beispielsweise die Eltern des insolventen Darlehensnehmers die Neufinanzierung übernehmen, wenn sie über die entsprechende Bonität verfügen.
Immobilie bei Privatinsolvenz behalten
Wurde der Immobilienbesitz nicht schon vorsorglich abgesichert und eine Einigung mit der Bank oder eine Neufinanzierung waren nicht möglich, ist die Gefahr tatsächlich hoch, aus der eigenen Immobilie ausziehen zu müssen. Das kann auch dann geschehen, wenn die Immobilie Eigentum ist und der Immobilienkredit vollständig getilgt wurde.
Um zu verhindern, dass die Immobilie veräußert wird, kann der Eigentümer den Insolvenzverwalter um Freigabe bitten. Die Freigabe ist dann möglich, wenn die Immobilie überschuldet ist. Besteht auf die Immobilie eine Grundschuld oder Hypothek, ist der Erlös aus der Zwangsversteigerung der Immobilie möglicherweise geringer als die auf der Immobilie lastenden Schulden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Absicherung mit einer Eigentümergrundschuld. Auch dann, wenn die Immobilie in einem schlechten Zustand ist, lohnt sich eine Zwangsversteigerung oft nicht.
Bei einer Freigabe wird die Immobilie aus der Insolvenzmasse herausgelöst. Es ist jedoch unsicher, ob der Insolvenzverwalter tatsächlich die Immobilie freigibt. Verspricht die Zwangsversteigerung einen entsprechend hohen Erlös und ist die Immobilie schuldenfrei, ist nicht mit einer Freigabe zu rechnen.
Über die Gastautoren
Wir danken der Redaktion von schuldnerberatung.de für die Erstellung dieses Gastbeitrags.
Die Website dient als Informationsplattform rund um die Themen Schulden und Insolvenz. Betroffene können sich hier über ihre rechtliche Lage und Handlungsmöglichkeiten informieren. Neben der Erläuterung relevanter Begriffe, greift die Redaktion auch aktuelle Urteile und Gesetzesänderungen auf und erläutert diese verständlich und lösungsorientiert. Darüber hinaus können Betroffene über die Seite die Kontaktdaten verschiedener Beratungsstellen finden.
Hinweis: Dieser Gastbeitrag soll einen Einblick in denThemenkomplex Privatinsolvenz und Zwangsversteigerung ermöglichen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Informationen ersetzen keine Rechtsberatung. Bei den Empfehlungen handelt es sich um individuelle Einschätzungen der Gastautoren. Diese spiegeln nicht die generelle Haltung der ImmoKEY GmbH wider.
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