Wer mitreden will, sollte um die Fakten wissen.
Grundsteuerbescheid
Grundsteuer in Berlin steigt um durchschnittlich 74,4%
Derzeit erhalten viele Berliner Immobilienbesitzer ihren neuen Grundsteuerbescheid. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Derzeit erhalten viele Berliner Immobilienbesitzer ihren neuen Grundsteuerbescheid. Für manche steigt die Steuerbelastung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen und klären zu Widerspruchsmöglichkeiten auf.
Sollte die Grundsteuerreform Mehrbelastungen nicht eigentlich vermeiden?
Ziel der Reform war es, einheitliche Messwerte für die Berechnung der Grundsteuer zu definieren. Dabei wurde „Aufkommensneutralität“ angestrebt. Das bedeutet, dass die gesamte Höhe der Grundsteuereinnahmen für das Land Berlin durch die Reform nicht steigen sollte. 2023 lagen die Einnahmen aus der Berliner Grundsteuer bei rund 860 Millionen Euro, deutschlandweit waren es etwa 15 Milliarden Euro. Es wurde jedoch nie ausgeschlossen, dass es in einzelnen Fällen zu Anstiegen der Steuer kommen könne, besonders dann, wenn die Immobilie oder das Grundstück bisher basierend auf veralteten Werten besteuert wurden. Um Eigentümer dennoch zu entlasten, hat das Land Berlin daher die sogenannten Hebesätze angepasst.
2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Praxis zur Berechnung der Grundsteuer aufgrund ihrer Uneinheitlichkeit als verfassungswidrig erklärt. Die Neuberechnung basiert auf den 2022 deutschlandweit neu erfassten Daten aller Immobilien- und Grundstückseigentümer.
Wie wirkt sich die Reform auf Immobilieneigentümer in Berlin aus?
Nach einer Erhebung des Eigentümerverbands „Haus und Grund“ führt die Reform teilweise zu einem starken Anstieg der individuellen Steuerlast. Basierend auf einer Befragung von 200 Mitgliedern aus Berlin, liegt der durchschnittliche Anstieg bei 74,4 Prozent.
Einige Eigentümer in der Hauptstadt müssen zukünftig tatsächlich weniger Steuern für ihre Immobilie zahlen. Bei der Mehrheit ist die finanzielle Belastung durch die Steuerreform jedoch angestiegen, teilweise stark. Während für viele Eigenheimbesitzer die Grundsteuer um einige Hundert Euro pro Jahr steigt, sind es für Besitzer von Mehrfamilienhäusern oft vierstellige Beträge.
Die Grundsteuerreform tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Ab dann muss die neue Grundsteuer gezahlt werden. Kritisiert wird deshalb der späte Versand vieler Bescheide. Wer den Grundsteuerbescheid erst zu Ende 2024 erhalte, habe nur wenig Zeit, das Geld aufzubringen, das für die höhere Steuerzahlung ab Januar nötig sei.
Wer bisher noch keinen Grundsteuerbescheid erhalten hat, kann online den Grundsteuerrechner der Senatsverwaltung für Finanzen nutzen, um einen Überblick zu erhalten.
Wie wird die Grundsteuer zukünftig in Berlin berechnet?
Bei der Berechnung der Berliner Grundsteuerwerte findet das sogenannte Bundesmodell Anwendung. Berücksichtigt werden Daten wie die Grundstücksfläche, die Wohnfläche aber auch das Mietniveau. Andere Bundesländer wie Hessen, Niedersachsen oder Bayern nutzen hingegen das sogenannte Flächen-Lage-Modell. Auch in Brandenburg wird das Bundesmodell angewendet.
In Berlin wird zusätzlich der Wert der Grundstücke in die Ermittlung des Grundsteuerwerts miteinbezogen. Das wirkt sich treibend auf die Höhe der Grundsteuer aus, denn wie auch in anderen Ballungsgebieten, sind die Bodenpreise in der Hauptstadt in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Preise für Bauland sind in Berlin fünfmal höher als im Bundesdurchschnitt, denn freie Bauflächen sind knapp. Laut einer umfangreichen Analyse des Tagesspiegels stieg der Bodenpreis in Berlin von 200 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2008 auf 1.733 Euro pro Quadratmeter in 2022.
Zudem beeinflusst die Art der Bebauung nicht nur den Bodenpreis des jeweiligen Grundstücks, sondern auch den anliegender Flächen. Und der Bodenpreis steigt, je gefragter eine Gegend wird, denn im Gegensatz zu Mieten ist dieser nicht reguliert. Das führt besonders in Bezirken wie Mitte, Friedrichshain oder Kreuzberg zu starken Anstiegen.
Um eine zu starke finanzielle Mehrbelastung zu vermeiden, wurde deshalb der Hebesatz im Sommer 2024 durch den Berliner Senat von 810 auf 470 Prozent fast halbiert. Für Wohnimmobilien wird zudem eine niedrigere Steuermesszahl (0,31 Promille) als für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke angesetzt (0,45 Promille). So soll verhindert werden, dass Wohnen insgesamt durch die Reform teurer wird. Denn auch Mieter zahlen über die Nebenkostenabrechnung anteilig Grundsteuer.
Der Immobilienwert wird anhand von zwei Verfahren berechnet: dem Ertragswert- und dem Sachwertverfahren. Diese gelten für unterschiedliche Immobilienarten.
Bewertungsverfahren | Immobilienart | Auswirkung der Grundsteuerreform |
Ertragswertverfahren | Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen | Grundsteuer steigt in der Regel |
Sachwertverfahren | Mehrfamilienhäuser, Gewerbeimmobilien, gemischt genutzte Immobilien | Grundsteuer sinkt in der Regel |
Was können Eigentümer mit stark gestiegener Steuerbelastung tun?
Bedroht die Höhe der neuen Grundsteuer einen Eigentümer in seiner Existenz, kann dieser auf die neu geschaffene Härtefallklausel zurückgreifen. Damit kann die Grundsteuer für selbstgenutzte Wohngrundstücke abgesenkt werden. Ob eine existenzbedrohende Belastung vorliegt, wird im Einzelfall anhand entsprechender Nachweise zum Einkommen und Vermögen des Antragstellers entschieden. Eine Stundung der Zahlung ist dann möglich.
Kann Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid eingelegt werden?
Jein. Zunächst einmal gilt zu beachten, dass der Grundsteuerbescheid auf einer einfachen Rechnung beruht:
Grundsteuerwert x 0,00031 (Steuermesszahl) x 4,7 (Hebesatz) = Grundsteuer
Der Grundsteuerbescheid wird von den Finanzämtern anhand dieser Daten berechnet und ist daher nicht anfechtbar. Eigentümer können aber gegen den zugrundeliegenden Grundsteuerwertbescheid Einspruch einlegen. Dies jedoch nur mit einer Frist von einem Monat nach Erhalt des Schreibens.
Achtung: Widerspruchsfrist von vier Wochen nach Erhalt des Grundsteuerwertbescheids
Da einige Grundsteuerwertbescheide schon voriges Jahr zugestellt wurden, entfällt diese Möglichkeit für manche Immobilien- und Grundstückseigentümer. Es gibt jedoch noch 900.000 Bescheide, die erst vor kurzem versendet wurden oder erst bis Ende des Jahres zugestellt werden. Betroffene Eigentümer können gegen diese Grundsteuerwertbescheide Einspruch einlegen, müssen in der Regel die Steuer aber dennoch zunächst zahlen.
Erfolgversprechend sind Einsprüche gegen falsche Werte, etwa falsch angesetzte Wohnflächen, Baujahre oder eine falsch zugrunde gelegte Gebäudeart. Sofern der Wert einer Immobilie um 40 Prozent zu hoch angesetzt ist und die Eigentümer hierfür die nötigen Nachweise erbringen können, hat der Einspruch aufschiebende Wirkung und die Steuer muss nicht gezahlt werden, bis die Grundsteuer mit dem korrigierten Grundsteuerwertbescheid neu berechnet wurde. Bundesweit haben bereits 6,16 Millionen Steuerzahler gegen ihre Grundsteuerwert- und Messbescheide gegenüber der Finanzämtern Einspruch erhoben.
Wer die rechtlichen Grundlagen für die neu berechnete Steuer grundsätzlich anzweifelt, kann Einspruch gegen deren Verfassungsmäßigkeit einlegen. Die Entscheidung darüber muss jedoch durch das Bundesverfassungsgericht getroffen werden. Kläger sollten daher Geduld mitbringen.
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Hinweis: Dieser Beitrag soll einen Überblick zum Thema Grundsteuerreform verschaffen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Beratungsbedarf wenden Sie sich an Ihr zuständiges Finanzamt, einen Steuerberater oder Rechtsanwalt. Im Zusammenhang mit einem Immobilienkauf vermitteln wir Ihnen gerne kompetente Ansprechpartner aus unserem professionellen Netzwerk.
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